Geschichte des Aderlasses
Der Aderlass gehört zu den ältesten von
Menschen angewandten Heilverfahren. Schon die alte indische Medizin kannte
ihn. Bis zu siebenhundert Gefäße wurden beschrieben, von welchen der Körper
wie ein Garten durch Wasserleitungen oder wie ein Feld durch Kanäle
bewässert wird. Schon sehr früh kam es damit zu einem ersten
humoralpathologischen Ansatz (humores = „Säfte“), der besagte, dass der
Organismus aus verschiedenen Säften besteht und Krankheit eine
Fehlverteilung dieser Säfte („Blut“, „Schleim“, „Galle“, „Luft“) im Körper
darstellt. Diese Lehre nahm der griechische Arzt Hippokrates (um 460 v. u.
Z.) auf und verfeinerte sie.
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Er führte die Begriffe der Dyskrasie
(fehlerhafte Zusammensetzung der Körpersäfte) und der Plethora (Blutfülle)
ein und vertrat die These, dass hierin wichtige Ursachen für Erkrankungen
liegen. Vorbeugung und Heilung waren für ihn mit Ausleitung und Entleerung
des Blutes untrennbar verbunden. Später war es der römische Arzt Galen (129
u. Z., Leibarzt des Kaisers Marc Aurel), der in all seinen Werken immer
wieder den Aderlass besprach: „... der Aderlass ist das prompteste Mittel
bei Entzündungen, er überragt alle anderen Methoden und ist das
Prophylaktikum bei verschiedenen Erkrankungen!“ Hinweise zum Aderlass finden
sich z. B. auch in der arabischen Medizin und in der Volks- und
Mönchsmedizin des Mittelalters. Am Ende des 16. Jahrhunderts führte der
italienische Anatom Botalli einen extremen „Vampirismus“ ein, der den
Aderlass zu Recht in Verruf brachte. Nach dieser Zeit wurde der Aderlass
fast nur noch von medizinischen Außenseitern angewendet und geriet
zeitweilig sogar ganz in Vergessenheit. In den zwanziger und dreißiger
Jahren des vergangenen Jahrhunderts versuchte der Wiener Gynäkologe Bernhard
Aschner, den Aderlass wieder hoffähig in der Medizin zu machen. Aschner
schuf genaue Indikationsstellungen, erforschte die Wirkungen und sorgte so
für ein modernes Verständnis des Aderlasses und für eine Wiederaufnahme der
Blutentziehung in die Naturheilmedizin.
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Wirkungsweise des Aderlasses (nach
B. Aschner)
Das Ziel des Aderlasses ist es nicht, dem
Patienten möglichst viel Blut abzunehmen, sondern, durch einen an bestimmten
Körperstellen durchgeführten Aderlass eine Entlastung und Reinigung des
Blutes und eine Umstimmung der Konstitution zu bewirken. Durch die
Blutentziehung kommt es zunächst zu einem Flüssigkeitsverlust im
Gefäßsystem, der jedoch schnell durch nachströmende Flüssigkeit aus den
Geweben ersetzt wird. Mit diesem Strom aus dem Gewebe gelangen Giftstoffe in
das Gefäßsystem und damit zur Ausscheidung über die Ausscheidungsorgane. Das
Blut in den Gefäßen wird also regelrecht verdünnt und kann so besser als
vielleicht vorher bestimmte Organbezirke durchbluten. Eine oft deutlich
spürbare Verbesserung der Durchblutung (z. B. des Gehirns) ist die Folge
dieser Verflüssigung des Blutes. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die
Anregung der blutbildenden Organe, die den Verlust der Blutzellen (Zellen
für den Sauerstofftransport und die Immunabwehr) in den dem Aderlass
folgenden Tagen und Wochen ausgleichen müssen. Es kommt also auch zu einer
„Verjüngung“ des Blutes und damit zu einem verbesserten Sauerstofftransport
und einer Steigerung der Immunkräfte des Organismus.
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Indikationen
Der Aderlass kann bei sehr
unterschiedlichen Erkrankungen eine sinnvolle Behandlung darstellen:
- Blutfülle (Plethora)
- Entzündungen
- zur Entgiftung und
Stoffwechselverbesserung
- zur Beruhigung bei lokalen Krämpfen
(Koliken)
- zur Verbesserung der Durchblutung
Neben dem reinen Druckabbau im Blutsystem
(vor allem bei Bluthochdruck) ist die Anregung der Selbstheilungskraft, die
schulmedizinisch oft unterschätzt wird, ein gewünschter Effekt bei der
Anwendung dieses Verfahrens. Die Anregung der körpereigenen Lebenskraft ist
das vordergründige Anliegen des heutigen Heilpraktikers, der den Aderlass
immer noch erfolgreich anwendet. Erst vor kurzem untermauerte eine US-Studie
vor allem die vorbeugende Wirkung des Aderlasses bei zahlreichen
Krankheitsbildern. In einer mehrjährigen Studie, bei der die Probanden
dreimal jährlich zur Ader gelassen wurden, traten Schlaganfälle,
Herzinfarkte und Bluthochdruck nur noch selten und dann meist nur in
leichter Form auf. Als Fazit erteilten amerikanische Ärzte den Rat, dass
besonders Übergewichtige und >plethorische Personen< (sog. Vollblüter,
welche zu Stauungen innerer Organe, zu Blutungen aus Nase, Mastdarm und
Uterus neigen) regelmäßig zum Aderlass gehen sollten. Plethorische Personen
weisen meist bestimmte Merkmale auf: blaurote Ohren, rote Nasen, dick
gefüllte Venen der Beine, Hämorrhoiden, rote oder dunkelblaue Verfärbungen
der Haut, Rötung größerer Hautpartien, Hitzegefühl usw.
Vorgehensweise
Der Patient liegt auf einer Praxisliege,
eine Kanüle wird meist in die Ellenbeugenvene eingeführt und die
entsprechende Menge Blut abgenommen. Die Menge selbst ist unterschiedlich
und richtet sich nach Krankheit, Konstitution, Geschlecht, Alter usw. Sie
beträgt jedoch ca. 50 bis 250 ml. Manchmal wird ein kleiner Aderlass nach
einigen Wochen noch einmal wiederholt. Da bei normaler Blutspende ca. 500
ml. entnommen werden, besteht in einigen Fällen auch die Möglichkeit, zum
Blutspenden zu gehen. Dieses sollte jedoch aus der Sicht der
Aderlassbehandlung höchstens zweimal jährlich im Frühjahr und Herbst
geschehen, damit die Blutbildung nicht zu sehr angeregt wird und damit ein
gegenteiliger Effekt als der erwünschte erreicht wird. Besondere Hinweise
Meistens wird der Aderlass von den Patienten reaktionslos vertragen. In den
ersten Stunden, beziehungsweise am ersten Tag nach dem Aderlass kann es zu
leichten Schwächeerscheinungen, bedingt durch zu niedrigen Blutdruck, kommen
(Vorsicht beim Autofahren o. ä.!). Solche leichten Kreislaufbeschwerden
geben sich sofort, wenn man sich für einige Minuten hinlegt. Man sollte sich
deshalb besonders nach einem größeren Aderlass für einige Tage etwas
schonen, evt. auf besondere Beanspruchungen (Leistungssport) verzichten und
dem evt. vorhandenen Erholungsbedürfnis des Körpers nachgeben.
Text mit freundlicher Genehmigung von:
HP Nils Forberger
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